069 Baukultur! Mindestens europäisch …

Die große Halle von Seddin im archäologschen Befund – bronzezeitliche Baukultur in Brandenburg. Foto: L. Dierkes, Universität Göttingen

In dieser Folge der DENKMALZEIT unterhält sich der Pressesprecher des BLDAM, Dr. Christof Krauskopf, mit dem brandenburgischen Landeskonservator, Prof. Dr. Thomas Drachenberg, zum Tag der Baukultur über die Baukultur. Was ist das? Was bedeutet Baukultur für die Menschen? Wie entwickelt sie sich? Und welche Rolle spielt die Baukultur im kulturellen Erbe und damit in der Denkmalpflege?

Die spätmittelalterliche Burgkapelle von Ziesar. Foto: C. Krauskopf, BLDAM

Für Thomas Drachenberg ist die Baukultur viel mehr als Form und Funktion: „Der sorgsame Umgang mit dem Bestand ist ein wesentlicher Teil der Baukultur. Es gibt eine Halbwertszeit in der Architektur, die man in den zurückliegenden Epochen beobachten kann. Wenn etwas nachhaltig und von großer Qualität ist, sowohl technisch als auch ästhetisch gebaut wurde, dann wird es als selbstverständlich betrachtet und weitergenutzt ohne dass es als alt und vorgestrig empfunden wird.“ Weiterhin wird über die Anfangszeit der Baukultur vom Neolithikum in Brandenburg über die große Halle und die Siedlung von Seddin, exzeptionelle mittelalterliche Bauten wie den Stolper Turm als eines der ältesten profanen Backsteingebäude Brandenburgs, die Burg in Ziesar bis zur Burg Eisenhardt in Bad Belzig, gesprochen.

Eckhaus in der Dortustraße in Potsdam, 1796, nach einem Entwurf von August Grabkowsky 1889 umgestaltet. Foto: R. Paschke, BLDAM

Die letzte und gleichzeitig zentrale Frage: Gibt es eine nationale Baukultur? Der Landeskonservator spricht sich dagegen aus: „Es gibt so viele Einflüsse von außen, sogar in der DDR-Zeit und beim Bauhaus. Man nehme nur die Kontakte zur De Stijl-Bewegung in Holland oder zu anderen Strömungen, die waren im kräftigen Austausch. Wir enden mindestens bei einer europäischen Baukultur und weit darüber hinaus. Schlussendlich lässt sich sagen, dass gute Baukultur Kommunikation ermöglichen muss, im Sinne der Demokratie, denn eine Diktatur braucht die Kommunikation nicht, da ist der Paradeplatz das Produkt. Für unsere Gesellschaft ist es ganz wichtig, dass Kommunikationsräume existieren, wo wir uns unter anderem über die Baukultur und die Denkmale austauschen können und jeder Mensch seinen Blick darauf erzählen kann und wir ins Unterhalten kommen.“

Die ADGB-Schule in Bernau. Entwurf von Hannes Meyer und Hans Wittwer, 1928-1930, 1950-1955 nach dem Entwurf von Georg Waterstradt erweitert. Foto: R. Schneider, BLDAM

Weiterführende Links:

Bundesstiftung Baukultur

Zur Baukultur beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Burgturm Stolpe:
Beitrag auf brandenburgikon
Besichtigung

Burg Ziesar

Zum Bauhaus:
Bauhaus Dessau
Bauhaus-Archiv
Bauhaus-Denkmal Bernau

Baukultur in Brandenburg finden Sie in der Denkmaldatenbank des Landes

049 Bernau bei Berlin: Die Stadt, die Kirche und die SED-Siedlung

Die Bernauer Marienkirche zwischen der Neubebauung der 1980er Jahre. Foto: C. Krauskopf

Die Stadt, nördlich von Berlin im Landkreises Barnim gelegen, kann nicht nur mit ihrer schnellen Anbindung an die Hauptstadt glänzen, sondern vor allem mit ihren spannenden Denkmalen vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Der 1230 gegründete Ort hat es zu DDR-Zeiten geschafft, die mittelalterliche Stadt- und Straßenstruktur zu erhalten. Die wichtigsten historischen Gebäude blieben erhalten, ein großer Teil der Altstadtbebauung wurde jedoch durch Plattenbauten ersetzt. Das größte und vornehmste Denkmal ist die 1519 geweihte St. Marienkirche. Sie ist eine der größten und bedeutendsten Stadtpfarrkirchen der Mark Brandenburg und besitzt eine reiche Ausstattung von vor- und nachreformatorischer Zeit.

Bernau, Brandenburg. Wohnblock in Ecklage zwischen
Brüder- und Parkstraße von Wilfried Stallknecht und Kollektiv, 1979-89.
Foto: A. Jeserigk, BLDAM

Die Bernauer Denkmale erstrecken sich aber nicht nur über die Kernstadt, sondern auch über die angrenzende Kommune hinaus. So findet man im Norden ein ganz besonderes Denkmal, die ADGB-Schule, die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes. Das Bauwerk zählt seit 2017 zum Bauhaus-UNESCO-Weltkulturerbe und wurde 1930 von den Architekten Hannes Meyer und Hans Wittwer und Studierenden des Bauhauses entworfen. In den 1950er Jahren baute der Architekt Georg Waterstradt, welcher vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) der DDR beauftragt war, das Gebäude um. Das Gebäude vereinigt in sich zwei wichtige Zeitepochen: Die 1930er- und die 1950er Jahre, welche beide ihre architektonischen Qualitäten besaßen. Anfang der 2000er Jahre wurde die ehemalige Bundesschule umfangreich saniert und rekonstruiert sowie im Jahr 2022 ein modernes Besucherzentrum eingeweiht.

In der ADGB-Schule in Bernau. Foto: A. Niemann, BLDAM

Ein weiteres herausragendes Denkmal für diese Region ist die Waldsiedlung. Ab 1958 erbaut als Schutzraum für das Politbüro der SED, die sich nach dem 17. Juni 1953 in Pankow nicht mehr sicher fühlte. Anfang der 1990er Jahre sprach man der Siedlung noch den Denkmalwert ab. Nach einer erneuten Prüfung im Jahr 2017 wurde die Entscheidung revidiert. Ausschlaggebend waren dafür die qualitätsvolle Gartengestaltung, die dort präsentierten Kunstwerke bekannter zeitgenössischer Künstler und die Freiräume in der Siedlungsgestaltung. Die Grundstruktur der Gebäude ist erhalten geblieben. Es gibt Überlegungen der Stadt, einzelne Häuser Besucher:innen zugänglich zu machen, wie zum Beispiel das Walter Ulbricht-Haus.

Die Turnhalle der ADGB-Schule in Bernau. Foto: J. Wiese, BLDAM, 2018

Und noch ein historisch bedeutender Ort gehört zur Stadt Bernau: Das Pfarrhaus in Lobetal hat durch das Ehepaar Honecker, das vom 30. Januar bis 3. April 1990 dort Asyl suchten, seine eigene und besondere Denkmalgeschichte.

Über alle diese Themen und einiges mehr sprechen in der Podcastfolge der Bernauer Bürgermeister André Stahl und der brandenburgische Landeskonservator Prof. Dr. Thomas Drachenberg.

Weitere Links:

Film zur ADGB-Schule in Bernau

Publikation zur ADGB-Schule in Bernau

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